EuGH erklärt Mindest- und Höchstsätze der HOAI für europarechtswidrig

17.07.2019
Immobilienwirtschaft
2 Minuten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 04.07.2019 (Az. C-377/17) die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für europarechtswidrig erklärt.

Ausgangspunkt dieser Entscheidung war ein Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission im Jahr 2015 gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Honorarvorschriften der HOAI in Bezug auf die Mindest- und Höchstsätze gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123) und die Niederlassungsfreiheit verstoßen. Da Deutschland einem Abhilfeverlangen der Kommission nicht nachkam, erhob die Kommission Klage.

Mit Erfolg: Der EuGH stellte einen Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie fest. Nach Art. 15 Abs.2 Buchst. g der Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit nur unter drei Voraussetzungen von der Beachtung von festgesetzten Mindest- und/oder Höchstpreisen abhängig machen. Zwar seien die deutschen Regelungen nicht diskriminierend und durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt, da mit den Mindestpreisen die Ziele der Qualität der Planungsleistungen, des Verbraucherschutzes, der Bausicherheit, des Erhalts der Baukultur sowie des ökologischen Bauens erreicht werden. Der EuGH stellte jedoch die Unverhältnismäßigkeit der deutschen Regelungen fest. Da in Deutschland Planungsleistungen von Dienstleistern erbracht werden könnten, die nicht ihre entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen hätten, sei die Regelung der HOAI im Hinblick auf das mit den Mindestsätzen verfolgte Ziel, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten, inkohärent.

Das Urteil hat weitreichende Folgen für die Praxis. Die HOAI ist zwar weiterhin anwendbar. Für unwirksam wurde nur die Verbindlichkeit des Preisrechts der HOAI erklärt. Auch eine auf den Regelungen der HOAI basierende Honorarvereinbarung in bestehenden Architektenverträgen ist weiterhin wirksam. Allerdings können sich Architekten nicht mehr darauf verlassen, unabhängig von der Honorarvereinbarung in jedem Fall die Mindestvergütung nach HOAI zu erhalten. In Honorarstreitigkeiten wird sich der Planer nicht mehr mit Erfolg darauf berufen können, dass vereinbarte Honorar unterschreite die Mindestvergütung nach der HOAI.

Auch künftig kann ein Honorar nach der HOAI vereinbart werden. Es gibt jedoch größere Spielräume für alternative Vergütungsmodelle, beispielsweise für die Vereinbarung eines Pauschalhonorars. Planer werden sich voraussichtlich einem größeren Preisdruck ausgesetzt sehen. Inwiefern es tatsächlich zu dem von der Bundesarchitektenkammer befürchteten ruinösen Preiswettbewerb kommt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall müssen Planer und Bauherren der Honorarvereinbarung künftig ein größeres Augenmerk schenken.

Die Entscheidung des EuGH ist auch für öffentliche Auftraggeber von Bedeutung. In Vergabeverfahren dürfen wohl Angebote nicht mehr automatisch ausgeschlossen werden, wenn der Angebotspreis unter der Mindestvergütung nach HOAI liegt.

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