Die europäische Whistleblowing-Richtlinie vom 23.10.2019 stellt Unternehmen künftig vor neue Herausforderungen. Die Richtlinie dient dem Schutz von sogenannten Whistleblowern und fordert daher für Unternehmen ab 50 Mitarbeiter:innen die Einrichtung eines internen Hinweisgeber-Meldesystems. Durch das Whistleblowing werden Hinweise auf Missstände innerhalb eines Unternehmens öffentlich gemacht. Whistleblower sind dabei Mitarbeiter: innen oder Angehörige des Unternehmens, welche aus eigenen Erfahrungen über Fehlverhalten oder Missstände berichten.
Die Richtlinie der EU wurde erlassen, um zum einen eine Hinweisgeberkultur in Unternehmen zu etablieren und zum anderen, um Whistleblower vor Repressalien aus dem eigenen Unternehmen zu schützen. Unter Repressalien sind hier Methoden wie Kündigungen oder Versagung einer Beförderung, aber auch Schikane, Drohungen, Ausübung von Druck oder Mobbing zu verstehen.
Durch diese Schutzmaßnahmen soll den potenziellen Whistleblowern die Angst vor rechtlichen und finanziellen Konsequenzen genommen werden, um so zukünftig eine höhere Meldebereitschaft der Arbeitnehmer: innen zu erreichen.
Was bedeutet die Richtlinie für Unternehmen?
Die Richtlinie betrifft grundsätzlich alle Unternehmen ab einer Größe von 50 Mitarbeiter: innen sowie viele Kommunen und Behörden. Die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht hätte ursprünglich bis zum 17.12.2021 erfolgen müssen, allerdings ist dies noch nicht geschehen. Für Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeiter: innen gibt es eine Übergangsfrist, wodurch die Umsetzung für diese erst in 2023 verpflichtend erfolgt und die Meldesysteme außerdem gemeinsam mit anderen Unternehmen betrieben werden dürfen.
Die Unternehmen sind laut EU-Richtlinie verpflichtet, interne Meldekanäle für Mitarbeiter:innen einzurichten, durch welche Verstöße gegen EU-Recht gemeldet werden können. Laut des neuen Gesetzesentwurfs vom 07.04.2022 werden auch Meldungen über Verstöße von nationalem Recht bearbeitet werden, da der Schutzbereich für Whistleblower: Innen weiter gefasst wird als von der EU vorgegeben. Künftig sollen insbesondere Hinweise über Ordnungswidrigkeiten und Strafrechtsverstößen erfasst werden.
Die Meldekanäle haben das Ziel, Arbeitnehmer: innen eine zentrale, sichere Anlaufstelle zur jederzeitigen Abgabe der Hinweise in persönlicher, schriftlicher oder mündlicher zu schaffen. Außerdem können durch interne Hinweisgebersysteme Reputationsschäden oder finanzielle Schäden durch etwaige Prozesskosten verhindert werden.
Beim internen Meldeweg darf keine Mitarbeiter: in Zugriff auf die abgegebenen Hinweise haben, damit die Vertraulichkeit des Hinweisgebers gewahrt bleibt. Eine interne Meldestelle kann neben Unternehmen auch bei Dritten wie beispielsweise Anwaltskanzleien errichtet werden. Neben dem internen Meldeweg muss es zukünftig einen externen Meldeweg geben. Gemeint ist damit die Möglichkeit, sich als Arbeitnehmer: in an unabhängige Meldestellen wenden zu können. Externe Meldestellen werden künftig beim Bundesministerium für Justiz angesiedelt.
Zusammengefasst lässt sich das gesamte Meldeverfahren in drei Stufen unterteilen. Die erste ist, den Hinweis über den internen Meldeweg abzugeben. Danach erfolgt die Meldung an die externe Stelle, wie beispielsweise eine zuständige Behörde. Als letzter Schritt erfolgt dann die Meldung an die Öffentlichkeit. Falls der Hinweis durch die Hinweisgeber: in direkt an die Öffentlichkeit gegeben wird, erhält die Hinweisgeber: in nur in Ausnahmefällen Schutz durch die Whistleblower-Richtlinie.
Das Unternehmen ist verpflichtet, den Eingang des Hinweises binnen sieben Tagen zu bestätigen und diesen spätestens drei Monate nach Eingang zu bearbeiten. Außerdem muss der Lösungsansatz an den Hinweisgeber weitergeleitet werden, falls dieser nicht anonym abgegeben wurde.
Als ein weiteres Schutzelement für Hinweisgeber: innen wird durch die Richtline eine Beweislastumkehr für Kündigungen in Bezug auf gemeldete Hinweise eingeführt. Konkret bedeutet dies, dass das Unternehmen nachweisen muss, dass die Kündigung einer Mitarbeiter: in keinem Zusammenhang mit einem abgegebenen Hinweis steht.
Wie kann ein Hinweisgebersystem konkret aussehen?
Eine Möglichkeit ist die Einführung eines IT-basierten Hinweisgebersystems, wobei in diesem Fall strikt auf die technische Sicherstellung der Anonymität von Hinweisgeber: innen geachtet werden sollte. Die Einrichtung einer dauerhaft besetzten Hotline wäre eine weitere Möglichkeit, um ein Meldewegsystem zu etablieren.
Das Hinweisgebersystem stellt eine Reihe von spezifischen Anforderungen, besonders die datenschutzrechtliche Umsetzung in Bezug auf die Berechtigungen und der bereits angesprochenen Anonymität sind hierbei zu beachten. Je attraktiver das interne Meldesystem gestaltet wird, desto mehr Zuspruch wird es innerhalb des Unternehmens finden, wodurch langfristig die Vertrauensbasis der Mitarbeiter: innen und Kunden zum Unternehmen gestärkt wird.
Versucht ein Unternehmen die Hinweisgeber: innen zu unterdrücken oder errichtet keinen Meldekanal, kann es zu Sanktionen durch den Gesetzgeber in Form von Geldstrafen kommen. Die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht wird vermutlich noch in der ersten Jahreshälfte 2022 erfolgen, weshalb es ratsam ist, sich schnell mit einer Lösung für ein internes Meldewegsystem auseinanderzusetzen.
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