Mit einem rechtskräftigen Urteil vom 29. September 2020 hat das Finanzgericht Münster nicht allzu überraschend entschiedenen, dass bei Dauerschuldverhältnissen, zu denen Mietverträge bekanntlich gehören, ein Vertrag die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nur erfüllt, wenn in dem Vertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen wird.
Ein Mietvertrag, der wie im Urteilsfall einen Passus „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer” ohne eine entsprechende Regelung zur Option oder ohne einen Hinweis auf die Ausübung der Option zur Umsatzsteuer seitens des Vermieters genügt nach Meinung des Gerichts den Anforderungen an den Ausweis der Umsatzsteuer nicht.
Auch, wenn wie im zu Grunde liegenden Fall, in einem späteren Jahr eine so genannte Dauerrechnung erstellt wird und darin diese auch rückwirkend für anwendbar erklärt wird, kommt eine rückwirkende Berichtigung nicht in Frage, wenn in dem ursprünglichen als Rechnung dienenden Vertrag nicht alle für den Vorsteuerabzug zwingenden Mindestangaben enthalten gewesen sind.
Voraussetzung für die Rückwirkung einer Berichtigung auf den Zeitpunkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde ist nach der Rechtsprechung des BFH, dass es sich um eine berichtigungsfähige Rechnung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV handelt. Ein Dokument ist jedenfalls dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig im zuvor genannten Sinne, wenn es Angaben
- zum Rechnungsaussteller,
- zum Leistungsempfänger,
- zur Leistungsbeschreibung,
- zum Entgelt und
- zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer
enthält. Hierfür reicht es aus, dass das Dokument zu den vorgenannten Kernmerkmalen (Mindestanforderungen) Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.
Die Entscheidung zur Versagung des Vorsteuerabzugs und der rückwirkenden Berichtigungsmöglichkeit steht nach Überzeugung des Gerichts auch nicht im Gegensatz zu Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Danach darf ein Vorsteuerabzug nicht versagt werden, wenn die Steuerbehörde über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen.
Da im Urteilsfall aus dem Mietvertrag – auch in Zusammenhang mit vorgelegten Zahlungsbelegen nicht eindeutig hervorging, von welchem gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag die Vermietende als Leistende und die Klägerin als Leistungsempfängerin ausgegangen sind, war im Streitjahr eine vollständige Prüfung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin nicht möglich. Damit war auch eine Aufhebung der vom Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Zinsen nicht möglich.
Praxistipp
Betroffene Sachverhalte sollten überprüft und ggf. angepasst sowie Neuabschlüsse von Mietverträgen unter diesem Aspekt kritisch neäugt werden.