Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg äußert Zweifel daran, dass die Beschränkung der Qualifikation als „Organgesellschaft“ bei Personengesellschaften nur solchen vorbehalten ist, bei denen Gesellschafter neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.
In dem beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg vorliegendem Sachverhalt (v. 21.11.2019 – 5 K 5044/19) waren an der Klägerin, einer GmbH & Co. KG (Organgesellschaft), eine Komplementär-GmbH sowie als Kommanditisten eine GbR, zwei natürliche Personen und eine weitere GmbH (Organträgerin) beteiligt. Letztere besaß gemäß Gesellschaftsvertrag sechs Stimmen, während die weiteren Gesellschafter über jeweils eine Stimme verfügten, sodass die GmbH sämtliche Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fassen konnte.
Die Finanzverwaltung verneinte jedoch das Organschaftsverhältnis, da gemäß Abschnitt 2.8 Abs. 5a S. 1 UStAE Personengesellschaften nur dann finanziell eingegliedert sein können, wenn deren Gesellschafter neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Somit dürften keine natürliche Personen an der Organgesellschaft beteiligt sein.
Begründet wird dies damit, dass bei Personengesellschaften kein Formzwang in Bezug auf das Stimmrecht bestehe, weshalb das grundsätzlich geltende Einstimmigkeitsprinzip auch durch mündliche Vereinbarungen durch ein Mehrheitsprinzip ersetzt werden kann und somit zu Nachweisschwierigkeiten kommen kann.
Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird deshalb zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob diese Regelung Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL, wonach eine Gruppe von finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eng miteinander verbundenen Personen die Möglichkeit hat, eine Mehrwertsteuergruppe zu bilden, entgegensteht.
Sollte die vorgelegte Frage bejaht werden, hat der EuGH weiterhin zur klären, ob Artikel 11 Abs. 2 MwStSystRL – unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsgrundsatzes – den Ausschluss von Personengesellschaften (mit natürlichen Personen als Gesellschafter) von einer umsatzsteuerrechtlichen Organgesellschaft wegen des fehlenden Formzwangs rechtfertigen kann.
Schließlich sei zu klären, ob es einer Anwendung des Artikel 11 Abs. 2 MwStSystRL entgegenstehe, wenn der nationale Gesetzgeber die Absicht zur Vorbeugung von Steuerhinterziehungen oder –umgehungen nicht bereits bei Erlass der Maßnahme gefasst hat.
Ausblick
Die Gestaltungspraxis dürfte das Verfahren beim EuGH (Az. C-868/19) gespannt verfolgen, wäre ihr doch ein relativ einfach zu bedienender “On-off-Button” bei der umsatzsteuerlichen Organschaft ggf. künftig genommen.