Der Europäische Gerichtshof äußerte sich in seiner Entscheidung vom 21.11.2018 – C-664/16, Rs. Vădan, zur Notwendigkeit einer Rechnung zum Vorsteuerabzug.
Der EuGH geht in seinem Urteil auf die Frage ein, ob ein Vorsteuerabzug zulässig ist, wenn zwar die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind, aber der Steuerpflichtige nicht in der Lage ist, die als Vorsteuer für die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen gezahlten Beträge durch Vorlage ordnungsgemäßer Rechnungen nachzuweisen.
Im Urteilsfall stellte sich erst nach Jahren heraus, dass Leistungen eines Steuerpflichtigen in Rumänien der Umsatzsteuer unterfielen. Diesen Umsätzen lagen unstreitig Eingangsleistungen zugrunde, für die der Steuerpflichtige keine Rechnungen erhalten hatte. Ihm lagen lediglich Kassenzettel vor, die jedoch aufgrund der schlechten Druckqualität inzwischen unleserlich geworden waren. Der Kläger hatte sonst keine Bücher geführt. Der von ihm begehrte Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen wurde ihm von der rumänischen Finanzbehörde versagt. Dagegen ging der Steuerpflichtige im Klagewege vor. Das rumänische Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Fragen vor, ob ein Vorsteuerabzug auch ohne Vorlage von Rechnungen möglich sei und wenn ja, ob die Höhe der Vorsteuern durch ein Sachverständigengutachten geschätzt werden dürfe.
Der EuGH unterscheidet in seinem Urteil zwischen den materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs, die zur Entstehung des Vorsteuerabzugs führen, und den formellen Voraussetzungen, die für die Frage der Ausübung des Vorsteuerabzugs maßgeblich sind. Auf dieser Grundlage hebt er hervor, dass die strikte Anwendung des formellen Erfordernisses, Rechnungen vorzulegen, gegen die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit verstößt. Danach setzt der Vorsteuerabzug nicht (mehr) zwingend den Besitz einer Rechnung voraus. Der EuGH führt allerdings auch aus, dass der Steuerpflichtige durch „objektive Nachweise“ belegen müsse, dass die (materiellen) Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen. Der Kläger hatte diese Voraussetzung nicht erfüllt, da die Kassenzettel nicht mehr lesbar waren und andere Belege nicht vorlagen. Nach Ansicht des EuGH kann dieser Mangel nicht durch ein gerichtlich angeordnetes Sachverständigengutachten behoben werden.
Nach bisheriger Ansicht der deutschen Finanzverwaltung setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts zwingend den Besitz einer Rechnung voraus. Vor diesem Hintergrund ist aus deutscher Sicht zunächst weiterhin an dem formellen Aspekt des Besitzes einer Eingangsrechnung für den Vorsteuerabzug festzuhalten und dies entsprechend zu kontrollieren sowie zu dokumentieren.
Praxistipp
Daneben sollte allerdings zukünftig in den Fällen, in denen die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug mangels Vorliegens einer ordnungsgemäßen Rechnung versagt, geprüft werden, ob zum Nachweis der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nicht (auch) andere Dokumente im Sinne von objektiven Nachweisen vorgelegt werden können.