Betriebliche Gesundheitsförderung ist steuerfrei

09.04.2020
Steuertipps
4 Minuten

Bestimmte betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung sind aktuell bis zu 600 Euro pro Mitarbeiter und Jahr steuerfrei (ab 1.1.2020, § 3 Nr. 34 EStG). Sie können diese Möglichkeit nutzen, um die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu erhöhen.

Voraussetzung ist, dass die Leistungen des Arbeitgebers zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden und zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierungen den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dienen.

Seit dem 1.1.2019 müssen Gesundheitsförderungsmaßnahmen speziell zertifiziert sein, was eine gewisse Hürde darstellt.

Der Betrag von 600 EUR ist ein Freibetrag, keine Freigrenze. Überschreitet die Leistung des Arbeitgebers also den Betrag von 600 EUR, so ist lediglich der übersteigende Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig. Bei Überschreiten des Freibetrags von 600 EUR ist allerdings die Frage des „überwiegenden betrieblichen Interesses“ wieder von Bedeutung. Nur wenn diese Frage bejaht werden kann, bleibt auch der überschreitende Betrag lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei.

Hinweis: Diese steuerfreien Leistungen werden nicht auf die monatliche Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG) angerechnet, da diese nur lohnsteuerpflichtige Bezüge erfasst. Die Maßnahmen im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG hingegen sind steuerfrei.

Die Steuerfreiheit begünstigt alle Arbeitnehmer, also auch Geschäftsführer, da sie steuerrechtlich ebenfalls als Arbeitnehmer gelten (Ausnahme u.U. Gesellschafter-Geschäftsführer).

Der Freibetrag von 600 EUR bezieht sich auf das jeweilige Beschäftigungsverhältnis. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers innerhalb eines Jahres oder bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen kann der Freibetrag entsprechend mehrfach in Anspruch genommen werden.

Da insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen entsprechende Gesundheitsförderungsmaßnahmen nicht immer im Betrieb anbieten können, sind auch Verträge mit zertifizierten externen Anbietern solcher Leistungen möglich und üblich. Die Übernahme von Mitgliedsbeiträgen zu Sportvereinen oder Fitnessstudios ist grundsätzlich aber nicht begünstigt. Ausnahmen sind jedoch möglich, wenn z. B. ein Rückenschulungskurs in Anspruch genommen wird und der Trainer eine entsprechende Ausbildung und Qualifikation aufweist. Andernfalls kommt es zu einer Lohnversteuerung.

Tipp: Ein Ausweg aus der Lohnversteuerung von nicht begünstigten Mitgliedsbeiträgen bietet die Sachbezugsfreigrenze für Sachbezugsleistungen des Arbeitgebers bis zur Höhe von 44 EUR im Monat (Lohnsteuerpflicht der Erstattung von Kosten für Fitnessstudios als Barlohn ergibt sich aus § 19 Abs. 1 EStG i.V.m. R 19.3 LStR, die Steuerfreiheit im Rahmen der 44-EUR-Sachbezugsfreigrenze ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Durch den Arbeitgeber übernommene Mitgliedsbeiträge bleiben dann bis zu diesem Betrag steuerfrei, sofern es sich um eine monatliche Zahlung handelt. Es ist aber nicht möglich, die Freibeträge von drei Monaten zusammenzufassen und pro Quartal eine Zahlung zu leisten.

Der Arbeitgeber muss steuerfreie Bezüge im Lohnkonto aufzeichnen. Dies kann nur aufgrund eines seitens des Betriebsstättenfinanzamtes genehmigten Antrages unterbleiben; Voraussetzung hierfür ist z.B., dass es sich um Fälle von geringer Bedeutung handelt oder aber, dass die Nachprüfung auch in anderer Weise sichergestellt ist.

Zusätzlich zu den betragsmäßigen Aufzeichnungen im Lohnkonto muss der Arbeitgeber auch die übrigen relevanten Unterlagen aufheben, wie z.B. Nachweise über die Zertifizierung der Maßnahme, Teilnahmebescheinigungen u.a.m.

Weitere Voraussetzung der Steuerfreiheit ist, dass die Leistungen des Arbeitgebers hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalten und Methodik „insbesondere“ den Anforderungen der §§ 20 und 20b des SGB V entsprechen. Das sind im Einzelnen Maßnahmen zur:

1. Primärprävention, um den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen zu erbringen (§ 20 SGB V), z. B.

  • Kurse zur Stressvermeidung,

  • gesundheitsorientierte Bewegungsmaßnahmen,

  • Ernährungsberatung (z.B. zur Reduzierung von Übergewicht).

2. Gesundheitsförderung in Betrieben, um unter Beteiligung der Versicherten und der Verantwortlichen für den Betrieb die gesundheitliche Situation einschließlich ihrer Risiken und Potenziale zu erheben und Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten zu entwickeln und deren Umsetzung zu unterstützen (§ 20b SGB V), z. B.

  • Bewegungsprogramme,

  • Ernährungsprogramme,

  • Kurse zur Stressbewältigung und Entspannung,

  • Führungskräftetraining zur Konfliktbewältigung,

  • Seminare zur Einschränkung des Suchtmittelkonsums (z. B. hinsichtlich Rauchen und Alkohol am Arbeitsplatz).

3. Informationen zur Ergonomie am Arbeitsplatz, aber auch arbeitsbedingter, körperlicher Belastungen, z.B. zum richtigen Heben, Transportieren u.a. von Lasten, gesundheitsgerechte Ausrichtung der Kantinenverpflegung.

Es können auch andere Maßnahmen steuerbegünstigt sein, die dem Sinn und Zweck der Vorschriften §§ 20 und 20b SGB V entsprechen.

Gesundheitsförderungsmaßnahmen müssen überwiegend im betrieblichen Interesse liegen, damit sie lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei sind. In den folgenden wichtigen Fällen wurde in der Vergangenheit ein solches überwiegendes betriebliches Interesse anerkannt:

  • Kreislauftrainingskuren bei entsprechender Empfehlung und Begleitung durch Betriebsärzte,

  • Massage der Mitarbeiter im Fall spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigung der Gesundheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz, hier: Vorbeugung von Nacken- und Rückenschmerzen von an Computer-Arbeitsplätzen tätigen Arbeitnehmern,

  • Wirbelsäulentherapie nach dem sog. FPZ-Konzept, einer integrierten funktionellen Rückenschmerztherapie zur Vorbeugung von Arbeitsausfällen,

  • Rückentrainingsprogramme zur Vorbeugung und Behandlung von Berufskrankheiten.

Vereinfacht lässt sich sagen, je höher aus Sicht des Arbeitnehmers seine Bereicherung durch die Leistung des Arbeitgebers anzusetzen ist, desto geringer ist das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse zu bewerten. Kriterien können sein:

  • Anlass,

  • Art und insbesondere Höhe des Vorteils,

  • Auswahl der Begünstigten,

  • freie oder nur gebundene Verfügbarkeit,

  • Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und

  • seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck

Das eigene Interesse des Arbeitnehmers muss dabei theoretisch vernachlässigbar sein. Sollten Sie als Arbeitgeber Zweifel haben, holen wir für Sie gern zwecks Rechtssicherheit und Haftungsfreiheit bei Ihrem Betriebsstättenfinanzamt eine Auskunft ein, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind (sog. Anrufungsauskunft).

Grundsätzlich gilt auch zum Thema Betriebssport, dass dem Arbeitnehmer aus einer Maßnahme des Arbeitgebers, die einer spezifisch berufsbedingten Beeinträchtigung der Gesundheit des Arbeitnehmers vor- oder entgegenwirkt, kein lohnsteuerlich relevanter Vorteil zufließt. Dennoch sind Aufwendungen des Arbeitgebers für Betriebssport lohnsteuerpflichtig, soweit sie nicht ausnahmsweise im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden. Ein steuerpflichtiger Sachbezug liegt nicht vor z.B. bei Aufwendungen für betriebliche Gymnastikräume/-geräte, die vor, während oder im Anschluss an die Arbeitszeit von den Arbeitnehmern genutzt werden und vorwiegend der Entspannung dienen und deshalb als “Bedingungen der Arbeit” anzusehen sind.

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