Kündigung eines Geschäftsführer-Dienstverhältnisses durch Vertreter der Muttergesellschaft, insb. Prokuristen bei fehlender Eintragung in das Handelsregister

10.01.2024
Wirtschaft, Gesellschaft und Handel 1/2024
2 Minuten

Besteht die Gesellschafterversammlung einer GmbH nur aus einer Person, bedarf es für die Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses; vielmehr kann der Alleingesellschafter durch seine Vertretungsberechtigten jederzeit formlos Beschluss fassen und diesen durch das Kündigungsschreiben dokumentieren.

Besteht die Gesellschafterversammlung einer GmbH aus einer Alleingesellschafterin in der Rechtsform einer juristischen Person, die ihrerseits durch mehrere Personen vertreten wird, können diese Vertreter durch sukzessive Abgabe von Willenserklärungen einen (formlosen) Beschluss der Alleingesellschafterin zustande bringen, wobei allein entscheidend ist, dass die Vertreter im Zeitpunkt ihrer jeweils eigenen Willenserklärung jeweils Vertretungsmacht hatten.

§ 174 BGB gilt nicht bei der Vertretung durch ein bestelltes und im Handelsregister eingetragenes Vertretungsorgan (Geschäftsführer) einer GmbH und / oder durch einen Prokuristen, da in diesen Fällen die Vertretungsmacht durch Eintragung ins Handelsregister öffentlich kundgetan ist.

(OLG München, Urt. v. 3.5.2023, Az. 7 U 2865/21).

Worum geht es? 

Der Rechtsstreit befasst sich mit einer Reihe von äußerst praxisrelevanten Fragen rund um die Wirksamkeit einer Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags (auch „Geschäftsführerdienstvertag“) bei der GmbH. Die Klägerin verlangte nach der Kündigung ihres Geschäftsführeranstellungsverhältnisses durch die ehemals durch sie geführte GmbH weitere Vergütung. Sie war der Ansicht, die zunächst ausgesprochene Kündigung sei unwirksam.

Die Klägerin wandte zur Begründung der von ihr eingeforderten Vergütung unter anderem ein, die seitens der Muttergesellschaft, vertreten durch einen Geschäftsführer und einen Prokuristen, ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Da die Vertretungsberechtigung des Prokuristen nicht ausreichend nachgewiesen worden sei und die Klägerin die Kündigung daher gemäß § 174 BGB zu Recht unverzüglich zurückgewiesen habe, sei diese unwirksam.

Wie entschied das Gericht? 

Nach der Überzeugung des OLG München ist die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses vorliegend unwirksam, so dass das Anstellungsverhältnis im maßgeblichen Zeitraum fortbestand und die beanspruchte Vergütung zu gewähren ist.

Die Kündigung, so das Gericht, erfolgte zwar formal ordnungsgemäß durch die Muttergesellschaft derjenigen GmbH, bei der die Klägerin als Geschäftsführerin beschäftigt war, die dabei auch grundsätzlich ordnungsgemäß vertreten wurde. Die Kündigung eines Geschäftsführer-Dienstvertrages obliegt bei der GmbH nämlich der Gesellschafterversammlung. Dies ergibt sich nach allgemeiner Ansicht als Annexkompetenz aus der Kompetenz der Gesellschafterversammlung für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern.

Besteht die Gesellschafterversammlung nur aus einer Person, bedürfe es für die Kündigung keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses. Der Alleingesellschafter könne vielmehr durch seine Vertretungsberechtigten jederzeit formlos Beschluss fassen und diesen durch das Kündigungsschreiben dokumentieren. Der Geschäftsführer und der Prokurist waren vorliegend (nur) gemeinsam vertretungsbefugt, die Kündigung namens der Muttergesellschaft auszusprechen.

Die Kündigung sei dennoch unwirksam, weil die Klägerin dieses einseitige Rechtsgeschäft nach § 174 BGB unverzüglich zurückgewiesen habe. Nach dieser Vorschrift war die Klägerin zur Zurückweisung berechtigt, da dem Kündigungsschreiben nicht die Prokuraerteilung in vollständiger Form beigefügt war und die Prokura auch nicht aus dem Handelsregister ersichtlich war, was eine Beifügung der Vollmacht obsolet gemacht hätte.

Praxishinweis

Bei der Kündigungserklärung gegenüber einem GmbH-Geschäftsführer ist penibel darauf zu achten, dass die Berechtigung der auf Seiten der kündigenden Muttergesellschaft handelnden Personen entweder aus dem Handelsregister ersichtlich ist oder durch der Kündigung beizufügende Originalurkunden bewiesen wird.

Eine Vollmacht muss die Befugnis des Erklärenden zur Vornahme des Rechtsgeschäfts eindeutig ergeben. Das bedeutet bei einer (noch) nicht in das Handelsregister eingetragenen Prokura, dass der Empfänger der Erklärung des Prokuristen aufgrund der Vollmachtsurkunde beurteilen können muss, ob die Prokura wirksam erteilt wurde.

Bildnachweis:MIND AND I/shutterstock/Stock-Foto ID: 1901664847

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