Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Beschluss vom 22.01.2024 (Az. 19 W 80/23) entschieden, dass die Anmeldung eines Vereins zurückgewiesen werden kann, wenn dieser laut Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt, jedoch keine finanzamtliche Bescheinigung über die (vorläufige) Anerkennung der Gemeinnützigkeit vorliegt.
Die Eintragung eines Vereins in das Vereinsregister richtet sich nach den §§ 21 ff. BGB in Verbindung mit den verfahrensrechtlichen Vorschriften des FamFG. Gemäß § 60 BGB ist die Anmeldung eines Vereins zurückzuweisen, wenn die Satzung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder zwingende Vorschriften des öffentlichen oder privaten Vereinsrechts verletzt werden. Bezieht sich eine Satzung auf die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO, so sind gemäß § 60a AO zusätzlich die formellen Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung zu prüfen. Eine Vereinsanmeldung kann zurückgewiesen werden, wenn die in §§ 56 bis 59 BGB genannten Bestimmungen verletzt sind oder andere Vorschriften des zwingenden öffentlichen oder privaten Vereinsrechts verletzt sind.
Die Beschwerdeführerin war ein neu gegründeter Verein, dessen Vorsitzende und ihre Stellvertreterin den Verein mit notariell beglaubigter Erklärung zur Eintragung in das Vereinsregister anmeldeten. Die beigefügte Satzung sah in § 2 Abs. 1 die ausschließliche und unmittelbare Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne der Abgabenordnung vor. Eine (vorläufige) Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor.
Das Registergericht wies die Antragsteller mit Schreiben vom 22. August 2022 darauf hin, dass es für die Eintragung unter anderem an der erforderlichen finanzamtlichen Bescheinigung fehle. In der Folge wurden Mitgliederversammlungen zur Anpassung der Satzung abgehalten, um weitere Satzungsmängel, die das Registergericht ebenfalls aufgezeigt hatte, zu beheben. Eine Anpassung hinsichtlich der Bezugnahme auf die Gemeinnützigkeit erfolgte jedoch weiterhin nicht, mit der Begründung, dass man die Antwort des Finanzamts abwarten wolle. Das Amtsgericht lehnte daraufhin die Eintragung ab, da die Satzung in wesentlichen Punkten gegen zwingendes Vereinsrecht verstoße. Gegen diese Entscheidung erhob der Verein Beschwerde. Während des Beschwerdeverfahrens wurde bekannt, dass der Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das zuständige Finanzamt zwischenzeitlich abgelehnt worden war, da der Verein, auf Rückfragen des Finanzamts zu dem Antrag, keine Stellung bezogen hatte.
Das OLG Karlsruhe wies die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück und bestätigte in der Sache die Entscheidung des Registergerichts. Die Zurückweisung der Anmeldung nach § 60 BGB sei zu Recht erfolgt. Ein Verein, der in seiner Satzung ausdrücklich auf die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne der Abgabenordnung Bezug nehme, müsse zur Eintragung eine Bescheinigung des Finanzamts über die (vorläufige) Anerkennung der Gemeinnützigkeit vorlegen. Eine solche Bescheinigung lag im vorliegenden Fall weder bei Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Registergerichts vor. Der Umstand, dass der Verein die Entscheidung des Finanzamts abwarten wollte, änderte nichts an der rechtlichen Notwendigkeit eines Nachweises über die formale Anerkennung der Gemeinnützigkeit.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Mindestanforderungen an die Satzung gemäß § 57 Abs. 1 BGB vorliegend nicht erfüllt seien, da der Vereinszweck nicht richtig wiedergegeben sei. Die Vorschrift diene unter anderem dem Verkehrsschutz. Es muss aus der Satzung möglich sein, ein zutreffendes Bild von den Verhältnissen des Vereins gewinnen zu können - hierzu gehöre auch, dass potenzielle Spender die Möglichkeit erhalten, Informationen aus der Satzung bezüglich einer etwaigen Steuerbegünstigung zu erlangen. Der in der Satzung enthaltene Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge, erwecke den Eindruck, dass eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt erfolgt sei. Eine solche Anerkennung sei aber tatsächlich nicht erfolgt; der entsprechende Antrag sei - wie das Finanzamt mitgeteilt hat - zurückgewiesen worden.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe verdeutlicht die strengen formellen Anforderungen an die Eintragung eines Vereins mit dem Anspruch auf Gemeinnützigkeit. Bereits die satzungsmäßige Bezugnahme auf die Abgabenordnung verpflichtet zur Vorlage einer finanzamtlichen Bescheinigung über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Fehlt ein solcher Nachweis, kann das Registergericht die Anmeldung zurückweisen.
Bei Betrachtung des Ergebnisses mag dies zwar sinnvoll erscheinen, um potenzielle Spender zu schützen. Ein wirksamer Spenderschutz lässt sich aber besser durch das Zuwendungsempfängerregister gewährleisten. Dieses von der Finanzverwaltung geführte Register bietet eine zentrale, digitale und öffentlich zugängliche Übersicht aller steuerbegünstigten Körperschaften.
Für die Praxis bedeutet die Entscheidung, dass Vereine bei der Gründung und insbesondere bei der Gestaltung ihrer Satzung sorgfältig auf die Übereinstimmung mit den Vorgaben der Abgabenordnung und der Mustersatzung achten müssen. Dies gilt insbesondere für Formulierungen zu gemeinnützigen Zwecken und zur Vermögensbindung, aber auch für die ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung von Mitgliederversammlungen. Ohne den formellen Nachweis der Gemeinnützigkeit besteht kein Anspruch auf Eintragung in das Vereinsregister.
Falls Sie Fragen zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Ausgestaltung von Satzungen oder zur Eintragung von Vereinen haben, wenden Sie sich gerne an die Expertinnen und Experten von SCHOMERUS.
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