Rückerhalt der Mietsache bei Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters

22.04.2025
Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 2/2025
3 Minuten

Der Rückerhalt der Mietsache setzt eine Änderung der Besitzverhältnisse voraus, weil es dem Vermieter erst durch Erlangung der unmittelbaren Sachherrschaft möglich ist, sich ungestört ein Bild von Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen. Der Vermieter ist allerdings nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit – sozusagen "auf Zuruf" – zurückzunehmen (BGH v. 29.01.2025 – XII ZR 96/23).

Der Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Verjährung von möglichen Schadensersatzansprüchen aus einem gewerblichen Mietverhältnis. Mit Vertrag vom 17.06.2009 vermietete der Kläger der Beklagten Gewerbefläche. Durch Nachtrag vom 28.03.2012 wurde die Vermietung mit Wirkung ab dem 05.06.2012 auf weitere Gewerbefläche erweitert. Zugleich wurde vereinbart, dass sich das Mietverhältnis für die gesamten Flächen nach Ablauf des ersten Jahres ab Übergabe der weiteren Teilflächen jeweils um ein Jahr verlängert, falls es nicht von einer Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten vor Ablauf der Mietzeit gekündigt wird.

Mit Schreiben vom 10.03.2020 erklärte die Beklagte die Kündigung des Mietverhältnisses zum nächstmöglichen Zeitpunkt („17.06.2020"). Der Kläger wies darauf hin, dass das Mietverhältnis später ende. Die Beklagte nutzte das Mietobjekt bis zum 31.12.2020 weiter und warf an diesem Tag die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Klägers. Mit Schreiben vom 07.01.2021 erklärte der Kläger, dass die Rückgabe der Schlüssel ausdrücklich gegen seinen Willen erfolgt sei. Nach erfolgslosem Fristablauf verlangte er von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz sowie die Begleichung rückständiger Mieten.

Der Kläger war der Ansicht, das Mietverhältnis habe erst zum 04.06.2021 ordentlich gekündigt werden können. Die Beklagte sei mangels ordnungsgemäßer Rückgabe des Mietobjekts zur Erstattung von Instandsetzungskosten verpflichtet. Die Beklagte erhob hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche die Einrede der Verjährung.

Das LG gab der Klage teilweise statt. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung der rückständigen Mieten. Im Übrigen wies es die Klage wegen Verjährung ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg, die Anschlussberufung der Beklagten teilweise. Die Revision des Klägers vor dem BGH blieb ebenfalls erfolglos.

Die Gründe:

Der BGH folgte der Auffassung, die Schadensersatzansprüche wegen vertragswidrigen Zustands seien verjährt. Gemäß § 548 Abs. 1 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten ab Rückerhalt der Mietsache. Der Rückerhalt setzt grundsätzlich eine Änderung des Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil dieser erst durch Erlangung der unmittelbaren Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen und verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen. Der Rückerhalt setzt daneben weder die Rückgabe der Mietsache noch die Beendigung des Mietverhältnisses voraus.

Die Folge dessen ist, dass ein Anspruch aus § 548 Abs. 1 S. 1 BGB bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses verjähren kann. Dementsprechend ist ein Zurückerhalten im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB dann zu bejahen, wenn der Mieter nach Kündigung, aber vor Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter die Schlüssel zurückgibt. Der Vermieter ist allerdings nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit zurückzunehmen - etwa wenn der Mieter kurzfristig auszieht, ihm den Schlüssel sofort aushändigen will und diesen nach gescheiterter Übergabe in den Briefkasten des Mietobjekts einwirft.

Vorliegend sie dies jedoch nicht ausschlaggebend, da aufgrund der Umstände des Einzelfalls anzunehmen war, dass der Vermieter die Mietsache tatsächlich zurückerhalten hat. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Klägers in Gang gesetzt, weil dieser hierdurch die Mieträume zurückerhalten hat. Nach dem Einwurf der Schlüssel ist die für einen Rückerhalt im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Klägers als Vermieter im Sinne eines Übergangs des unmittelbaren Besitzes jedenfalls im Zeitpunkt seiner Kenntnis von der vollständigen Besitzaufgabe der Beklagten und der unmittelbaren Sachherrschaft eingetreten.

Dass diese Änderung dem Kläger durch den Einwurf der Schlüssel in seinen Briefkasten aufgedrängt wurde, rechtfertige keine andere Beurteilung. Denn die Beklagte hatte keinen Zugang mehr zu den Mieträumen, während der Kläger ungehinderten Zugriff und damit die Möglichkeit der ungestörten Untersuchung erhalten hatte.

Bildnachweis:Ekaterina Toropova/Stock-Fotografie-ID:2198050614

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