Bundesfinanzhof lehnt die gesonderte Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen Stiftungen ab

03.11.2023
Körperschaftsteuerrecht
4 Minuten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Mai 2023 (Az.: I R 42/19), veröffentlicht am 12. Oktober 2023, entschieden, dass keine Rechtsgrundlage für eine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stiftungen besteht.

Sachverhalt

Die Klägerin war eine Stiftung mit dem Zweck zur Förderung der eigenen Familie (Familienstiftung). Der Stifter leistete im Laufe der Jahre über das Stiftungskapital hinausgehende Beträge in eine sogenannte “Kapitalrücklage” der Stiftung. Eine Ausschüttung an die Destinatäre erfolgte nicht.

Mit der Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2013 reichte die Klägerin eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) zum 31.12.2013 ein.

Das Finanzamt lehnte die Feststellung eines Bestands des steuerlichen Einlagekontos ab, da die Rechtsform der Stiftung nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst würde. Zudem fehle ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen Stiftung und Stifter. Die Stiftung gewähre keine Mitgliedschaftsrechte, die einer kapitalmäßigen Beteiligung am Vermögen der Stiftung gleichstünden. Ein hiergegen gerichteter Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz gab einer hiergegen gerichteten Klage statt. Zu Unrecht, wie der BFH nun in der hierauf gerichteten Revision entschied.

Entscheidung des BFH

Im Rahmen seiner Entscheidung hob der BFH das vorinstanzliche Urteil auf und wies die ursprüngliche Klage der Stiftung vollständig ab. Nach § 179 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) müsse eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ausdrücklich gesetzlich angeordnet sein. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die von der Grundkonzeption des § 157 Abs. 2 AO abweichenden mehrstufigen Verfahren, aufgrund des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) einer besonderen gesetzlichen Regelung bedürfen; die damit unverzichtbare Rechtsgrundlage für ein mehrstufiges Verfahren kann nicht durch allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen der Finanzgerichte ersetzt werden.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG haben unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften, die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahres auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto ist ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahres fortzuschreiben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 KStG). Der sich danach ergebende Bestand des steuerlichen Einlagekontos ist nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG gesondert festzustellen.

Gemäß § 27 Abs. 7 KStG gelten die Regelungen der Absätze 1 bis 6 der Vorschrift sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren können. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst unter anderem auch Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind. Nach der Senatsrechtsprechung sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG im Fall einer rechtsfähigen privaten Stiftung des bürgerlichen Rechts jedenfalls dann erfüllt, wenn die Leistungsempfänger der Stiftung unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können.

Anwendung würde gegen den Wortlaut verstoßen

Hieraus zu schließen, dass das steuerliche Einlagekonto auf rechtsfähige private Stiftungen anzuwenden sei, verstoße allerdings gegen den klaren Wortlaut des § 27 Abs. 7. Diese Vorschrift sehe eine sinngemäße Anwendung von § 27 Abs. 1 bis 6 KStG nur für andere unbeschränkt steuerpflichtige "Körperschaften und Personenvereinigungen" vor. Rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts seien aber weder Körperschaften noch Personenvereinigungen, sondern gehören zu den Vermögensmassen, die der Gesetzgeber grundsätzlich von Körperschaften und Personenvereinigungen abgrenze. Allein der Umstand, dass Leistungen der Klägerin zu Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen können, reiche nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG gerade nicht aus, um ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen.

Klärung der Verhältnisse auf Ebene der Destinatäre

Es bedürfe bei den rechtsfähigen privaten Stiftungen des bürgerlichen Rechts darüber hinaus auch nicht zwingend einer gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 7 KStG, um für die Destinatäre die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zu erreichen. So sei es auch für Gewinnausschüttungen von Drittstaatenkapitalgesellschaften an inländische Anteilseigner anerkannt, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG im Rahmen des Veranlagungsverfahrens der Seiten der Anteilseigner zu klären seien, da das Gesetz in diesen Fällen kein gesondertes Feststellungsverfahren zur Verfügung stellen würde. Für Destinatäre inländischer rechtsfähiger privater Stiftungen des bürgerlichen Rechts ergäbe sich Entsprechendes daraus, dass nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG nur solche Einnahmen steuerpflichtig seien, die mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG "wirtschaftlich vergleichbar" seien. Außerdem gelte § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nur "entsprechend". Im Übrigen fehle es an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke, weil sich der Gesetzgeber in § 179 Abs. 1 AO ausdrücklich dafür entschieden habe, eine gesonderte Feststellung nur zu verlangen, soweit dies in der Abgabenordnung oder sonst in den Steuergesetzen ausdrücklich bestimmt sei.

Ausblick

Der BFH arbeitet vorliegend eng am Wortlaut und beendet mit diesem Urteil eine fortwährende Diskussion in Rechtsprechung und Literatur. Die Dringlichkeit dieses Anliegens zeigt auch der Umstand, der BFH inhaltsgleich am selbigen Tag in anderer Sache entschied (BFH-Urteil vom 17.05.2023, Az.: I R 46/21). Aus technischer Sicht ist nun klar, dass etwaige Ausschüttungen aus Rücklagen einer Stiftung an die begünstigten Personen im Rahmen ihrer Veranlagung festzustellen sind und nicht auf Ebene der Stiftung.

Bildnachweis:nitpicker/Shutterstock:1239022468

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