Kein "doppeltes Satzungserfordernis" bei § 57 Abs. 3 AO

22.11.2023
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Das Finanzgericht Hamburg (FG) hat mit Urteil vom 26.09.2023 entschieden, dass für die Anwendung des § 57 Abs. 3 AO lediglich die leistungserbringende Körperschaft in ihrer Satzung festschreiben muss, dass die steuerbegünstigten Zwecke durch planmäßiges Zusammenwirken mit einer anderen Körperschaft verwirklicht werden. Einer korrespondierenden Regelung bei der leistungsempfangenden Körperschaft bedarf es nicht. Damit überwirft das Gericht die höchststrittige bisherige Verwaltungsauffassung, die ein “doppeltes Satzungserfordernis” für erforderlich hielt.

Was regelt der § 57 Abs. 3 AO?

Nach § 57 Abs. 3 Satz 1 AO, welcher in seiner aktuellen Fassung durch das Jahressteuergesetz 2020 eingeführt wurde, verfolgt eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Ein planmäßiges Zusammenwirken liegt z.B. vor, wenn ein Krankenhaus eine zum Zweckbetrieb i.S.d. § 67 AO gehörende Wäscherei auf eine GmbH ausgliedert und die Wäscherei weiterhin Leistungen an das Krankenhaus erbringt.

Sachverhalt

Die Klägerin wurde mit dem Zweck der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Finanzbuchhaltung und des Rechnungswesens für eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Der Satzungszweck sah vor, dass gemeinnützige und mildtätige Zwecke durch planmäßiges Zusammenwirken mit der Stiftung im Sinne des § 57 Abs. 3 AO erbracht werden. Das zuständige Finanzamt beschied zwar zunächst die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen zur Gemeinnützigkeit (Bescheid nach § 60a AO), nahm diesen Bescheid jedoch im weiteren Verlaufe zurück. Dies wurde damit begründet, dass der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO Nr. 8 zu § 57 Abs. 3 AO) vorschreibe, dass auch die leistungsempfangende Körperschaft eine entsprechende Zusammenwirkung in ihrer Satzung festschreiben müsse, insoweit liege das Bedürfnis nach einem “doppelten Satzungserfordernis” vor. Zu Unrecht, wie der erkennende Senat des FG Hamburg nun feststellte.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht hatte sich maßgeblich mit der Auslegung des § 57 Abs. 3 AO zu beschäftigen. Dabei stellt es klar, dass die Norm in ihrem Grundsatz eine Konkretisierung des gemeinnützigkeitsrechtlichen Unmittelbarkeitsgrundsatzes darstelle, welcher ohnehin auf die einzelne Körperschaft entfalle und nicht im Gesamtzusammenhang betrachtet werde.

In einheitlicher Auffassung mit der herrschenden Literatur lehnt das Gericht auch deshalb ein sogenanntes “doppeltes Satzungserfordernis” ab, da die leistungsempfangende Körperschaft bereits unabhängig von § 57 Abs. 3 AO die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllen müsse. Die Auslegung hin zu einem “doppeltes Satzungserfordernis” könne darüber hinaus weder durch den Wortlaut des Gesetzes noch im Wege der systematischen Auslegung gelingen.

Das Wort “satzungsgemäß” im § 57 Abs. 3 AO beziehe sich schon allein von seiner Stellung im Satz lediglich auf die leistende Körperschaft. Darüber hinaus sei es Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 57 Abs. 3 AO das Gemeinnützigkeitsrecht insgesamt zu vereinfachen und zudem solle es Körperschaften, welche bereits für sich genommen steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, konkret ermöglicht werden, flexibler mit anderen (Service-)Körperschaften zu kooperieren. Es sollen insgesamt die arbeitsteilige Zusammenarbeit im gemeinnützigen Kontext sowie die Auslagerung von Serviceleistungen (und damit im Zusammenhang stehende Etablierung von Gesellschaftsstrukturen) ermöglicht bzw. erleichtert werden.

Diesen Zwecken laufe ein “doppeltes Satzungserfordernis” diametral entgegen. Im Ergebnis hätte dies zur Folge, dass die Änderung aller Satzungen von leistungsempfangenden Körperschaften verlangt würde, was jedenfalls die beabsichtigte Flexibilisierung und Entbürokratisierung einschränken dürfte und letztlich zu einer faktischen Verhinderung von Kooperationen im Sinne des § 57 Abs. 3 AO führe.

Nach Ansicht des FG sei es im Ergebnis ausreichend, wenn die leistende Körperschaft in ihrer Satzung angibt, mit wem die Kooperation erfolgen soll und die Art und Weise der Kooperation hinreichend benennen.

Ausblick

Eine andere Auffassung wäre nach einhelliger Literaturmeinung nur schwer vertretbar gewesen. Der § 57 Abs. 3 AO sollte der große Wurf für Gemeinnützige zur Ermöglichung von Kooperationen sein. Dies wurde bisher durch die Verwaltungsauffassung massiv erschwert und zum Teil verhindert. In Zukunft scheint es nun klar, dass es einfacher wird, Projekt- oder Servicegesellschaften im gemeinnützigen Konzern zu gründen und somit etwaige Tätigkeiten auszulagern. Die Revision ist zwar zugelassen, eine konträre Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erscheint allerdings angesichts der Deutlichkeit des FG Hamburg unwahrscheinlich. Gleichwohl bleibt abzuwarten, wie das Finanzamt auf das Urteil des FG reagiert und ob eine Änderung der Verwaltungsauffassung bereits vor einer Entscheidung des BFH erfolgt.

Bildnachweis:zhuweiyi49/Stock-Illustration-ID:1455244029

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