Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 4. September 2025 den Referentenentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025 veröffentlicht. Neben technischen Anpassungen enthält dieser auch wesentliche Regelungen zur Klarstellung und Weiterentwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts, die wir Ihnen in sechs Teilen präsentieren.
Die Freigrenze für die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO soll von bisher unter 45.000 Euro auf künftig 100.000 Euro angehoben werden.
Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung soll damit ab dem 1.1.2026 für steuerbegünstigte Körperschaften entfallen, deren jährliche Einnahmen 100.000 Euro nicht überschreiten. Damit wird die bisherige Grenze mehr als verdoppelt. Nach Schätzung des BMF führt dies dazu, dass rund 90 % aller steuerbegünstigten Körperschaften von dieser Pflicht befreit werden.
Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung bedeutet, dass Körperschaften Spenden, Mitgliedsbeiträge sowie Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung oder Vermögensverwaltung nicht dauerhaft ansammeln dürfen, sondern grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren für ihre steuerbegünstigten Zwecke verwenden müssen. Der Nachweis erfolgt üblicherweise über eine Mittelverwendungsrechnung, die insbesondere für kleinere Organisationen mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden ist.
Die deutliche Anhebung der Freigrenze soll kleine und mittlere gemeinnützige Organisationen entlasten, die häufig ohne steuerliche Beratung arbeiten und auf ehrenamtliche Kräfte angewiesen sind.
Das BMF verweist darauf, dass auch ohne die starre gesetzliche Vorgabe ein Eigeninteresse der Körperschaften besteht, Mittel zeitnah einzusetzen: Zum einen erwarten Spenderinnen und Spender, dass ihre Zuwendungen unmittelbar zur Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke verwendet werden, zum anderen könnten zurückgehaltene Mittel Spendenbereitschaft und Vertrauen beeinträchtigen. Zudem stellen die allgemeinen gemeinnützigkeitsrechtlichen Prinzipien, insbesondere der Grundsatz der Ausschließlichkeit (§ 56 AO), sicher, dass es nicht zu missbräuchlichen Mittelansammlungen kommt.
Die geplante Anhebung der Freigrenze auf 100.000 Euro stellt einen deutlichen Schritt zum Bürokratieabbau dar. Gerade kleine und mittlere Organisationen, die häufig ausschließlich ehrenamtlich geführt werden, werden von der aufwändigen Mittelverwendungsrechnung entlastet. Dies schafft mehr Freiräume, um Ressourcen direkt in die gemeinnützige Arbeit zu investieren, zumal bei Jahreseinnahmen in dieser Höhe nicht mit einer übermäßigen Vermögensbildung zu rechnen ist.
Gleichzeitig bleibt der Grundsatz erhalten, dass Spenden und andere Einnahmen zeitnah für den gemeinnützigen Zweck eingesetzt werden sollen. Das ist sowohl im Sinne der Spender:innen als auch für das Vertrauen in die Gemeinnützigkeit essenziell. Durch die Kombination von höherer Freigrenze und den bestehenden allgemeinen Grundsätzen der Abgabenordnung wird einerseits Flexibilität geschaffen, andererseits aber auch Missbrauch verhindert. Gemeinnützige Stiftungen unterliegen neben dem Gemeinnützigkeitsrecht auch dem Stiftungsrecht. Sie sind auch stiftungsrechtlich dazu verpflichtet, die Vorgaben zum Einsatz ihrer Erträge für die Zweckverwirklichung einzuhalten.
Insgesamt ist diese Reform als klare Stärkung des Ehrenamts und kleiner Organisationen zu sehen, die von unnötiger Bürokratie befreit werden, ohne dass die gemeinnützigkeitsrechtlichen Leitplanken aufgeweicht würden. Die Anhebung auf 100.000 Euro stellt auch eine der vielen Forderungen vom Bündnis für Gemeinnützigkeit dar.
Für Fragen zur praktischen Anwendung und zur Gestaltung der Finanzverwaltung in gemeinnützigen Organisationen stehen Ihnen die Expert:innen von SCHOMERUS jederzeit zur Verfügung.
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