Bislang war das „Schriftformrisiko“ ein fester Bestandteil jeder gewerblichen Mietvertragsprüfung. Besonders bei vorzeitigen Ausstiegswünschen aus langfristigen Verträgen wurde häufig auf Formmängel spekuliert. Ab dem 01.01.2025 gilt: Textform genügt – die gesetzliche Schriftform entfällt für gewerbliche Mietverträge mit Laufzeiten über einem Jahr.
Der Bundestag hat am 26.09.2024 das Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen. § 578 BGB verweist nun nicht mehr auf § 550 BGB (Schriftform), sondern stellt klar: Mietverträge über Grundstücke bedürfen nur noch der Textform, sofern sie länger als ein Jahr dauern. Für Wohnraummietverhältnisse bleibt es hingegen bei der Schriftformpflicht.
Für bestehende Mietverträge bleibt das Schriftformerfordernis bis zum 31.12.2025 relevant. Bis dahin sind Kündigungen wegen Schriftformverstoß weiterhin möglich. Es ist also damit zu rechnen, dass es im Jahr 2025 zu verstärkten auf Schriftformverstöße gestützte Kündigungen kommen wird.
Die Textform gemäß § 126b BGB setzt eine lesbare Erklärung voraus die auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert ist. Umfasst sind damit Erklärungen, die auf Papier, elektronischen Speichermedien wie CD-Rom, (externen) Festplatten, USB-Sticks, (Computer-)Faxen, aber auch E-Mail SMS und sogar WhatsApp abgegeben werden (strittig: vgl. OLG München, Urteil v. v. 11.11.2024, Az. 19 U 200/24 e, anders: OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 21.12.2023, Az. 15 U 211/21)
Hierbei muss lediglich der Erklärende erkennbar sein, eine Unterschrift ist nicht erforderlich.
Gewerbliche Mietverträge können künftig formwirksam auf digitalem Weg abgeschlossen und geändert werden. Das bringt Vorteile, birgt aber auch neue Risiken:
Unbewusste Vertragsschlüsse (z. B. durch E-Mails) ohne interne Freigabeprozesse.
Lückenhafte Dokumentation in Datenräumen bei Transaktionen.
Unsicherheiten bei Nachträgen und Zusatzvereinbarungen.
In einem Letter of Intent (LOI) oder Mietangebot klar regeln, dass nur schriftlich und durch zeichnungsberechtigte Personen Verträge zustande kommen.
E-Mail-Disclaimer verwenden, wonach kein Vertrag durch E-Mail-Verkehr zustande kommt.
Schulung der Verhandlungspartner im Umgang mit der Textform.
Eine doppelte Schriftformklausel aufnehmen (inkl. Formerfordernis für deren Änderung).
Alternativ: qualifizierte Textform vereinbaren (z. B. mit elektronischer Signatur oder Klarstellung „rechtsverbindliche Vertragserklärung“).
Der Gewerberaummietvertrag sollte eine Klausel enthalten wonach alle Nebenabreden außerhalb des Vertrages in Textform aufgehoben werden
Vertretungsregelungen dokumentieren, um Scheingeschäfte zu vermeiden.
Beim Erwerb von vermieteten Gewerberäumen ist die Vollständigkeit der Mietvertragsdokumentation genauestens zu bewerten und der Garantiekatalog des Kaufvertrages um entsprechende Zusicherungen des Verkäufers zu erweitern. Der Erwerber kann auch fordern, dass die Vollständigkeit der Mietvertragsdokumentation vom Mieter bestätigt wird (Vollständigkeitserklärung). Darüber hinaus sollten bestehende Mietverträge auf etwaigen Anpassungsbedarf geprüft werden.
Bildnachweis:Wavebreakmedia/Stock-Fotografie-ID:1138204678