OLG Schleswig zur Gleichbehandlung bei privatrechtlich organisierter Sportförderung

30.06.2025
Gemeinnützigkeit
4 Minuten

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat mit Urteil vom 14.03.2025 (Az. 1 U 35/24) entschieden, dass sich die Rechtmäßigkeit der Versagung einer Sportförderung durch eine privatrechtlich organisierte, aber in öffentlich-rechtlicher Hand stehender, gemeinnützigen GmbH nach der im Zeitpunkt der Entscheidung geübten Förderpraxis bemisst. Dem Gericht steht insoweit keine eigene Sachentscheidung über den Förderantrag zu. Es hat lediglich zu prüfen, ob die Verwaltung ihr Ermessen willkürfrei und gleichbehandlungsgerecht ausgeübt hat, wobei sich die Beklagte an ihre Förderrichtlinien und die bisherige Praxis zu halten hat.

Hintergrund

Auch privatrechtliche Organisationen können eine Grundrechtsbindung entfalten, nämlich dann, wenn sie mehrheitlich in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen. Hierdurch soll eine “Flucht in das Privatrecht” öffentlicher Stellen verhindert werden. Im Rahmen der Vergabe von Fördergeldern ist insbesondere Art. 3 GG zu beachten, der den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz normiert und damit auch auf die Ermessensausübung im Bereich der staatlich mitfinanzierten Förderung durchwirkt. Ein wesentliches Element dieser Grundrechtsbindung ist der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, der verlangt, dass Entscheidungen auf der Basis bestehender Richtlinien und einer konsistenten Verwaltungspraxis zu treffen sind.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Sportverein mit rund 1.285 Mitgliedern, der unter anderem eine umfangreiche Fitnesssparte betreibt. Diese Sparte erfordert neben dem allgemeinen Mitgliedsbeitrag für den Verein einen Zusatzbeitrag, gestaffelt nach Nutzungsintensität. Die Beklagte ist eine ebenfalls gemeinnützige GmbH, die über eine kreisfinanzierte Stiftung Zuschüsse an dem Kreissportverband angeschlossene Vereine vergibt. Sie hatte bereits zuvor anderen Sportvereinen Mittel zur Anschaffung von Fitnessgeräten bewilligt.

Der Kläger beantrage Fördermittel für Fitnessgeräte. Die Beklagte lehnte den Antrag ab und begründete dies mit der Einordnung des Fitnessbereichs als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, für den nach den zu Zeitpunkt des Antrags geltenden Förderrichtlinien keine Förderung vorgesehen sei. Die Beklagte berief sich auf ihre Richtlinie, wonach wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ausgeschlossen seien, und argumentierte, dass die Nutzung der Fitnessräume mit einer kommerziellen Vermietung vergleichbar sei. Zudem verwies sie auf angebliche Verflechtungen mit einem weiteren Verein und die professionelle Ausstattung sowie die Mitgliederzahl des Klägers, wodurch verdeutlicht wird, dass dieser nach Auffassung der Beklagten in Konkurrenz zu gewerblichen Fitnessstudios stehe.

Das Landgericht Itzehoe hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Es hielt die Einordnung der Fitnesssparte als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb für vertretbar und erkannte keine hinreichende Vergleichbarkeit des Klägers mit anderen geförderten Vereinen. Der Kläger legte Berufung ein und vertrat die Auffassung, dass seine Fitnesssparte ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb sei und dass die Beklagte ihre Förderrichtlinie nicht gleichmäßig angewandt habe.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG stellte klar, dass die Beklagte auch als privatrechtlich organisierte Körperschaft mit öffentlicher Finanzierung an den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Selbstbindung der Verwaltung gebunden ist. Zwar besteht kein subjektives Recht auf Gewährung der beantragten Fördermittel, wohl aber ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung.

Nach Auffassung des Gerichts war die Ablehnung der Förderung rechtsfehlerhaft. Die Beklagte konnte keine konsistente, nach außen erkennbare Förderpraxis darlegen, aus der sich ein sachlicher Grund für die Ablehnung hätte ableiten lassen. Frühere Förderentscheidungen waren ohne Rückgriff auf Kriterien wie Vereinsgröße oder Angebotsumfang erfolgt. Eine erst nachträglich konstruierte Systematisierung reicht für die Begründung einer Verwaltungspraxis nicht aus.

Maßgeblich war daher allein die zum Zeitpunkt der Bescheidung geltende Förderrichtlinie in der Fassung bis zum 30.11.2022. Diese stellte auf die steuerliche Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO und steuerbegünstigtem Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65, 67a AO ab. Die Fitnesssparte des Klägers erfüllte – gemessen an den Maßstäben der Abgabenordnung – die Voraussetzungen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs. Sie diente dem satzungsmäßigen Vereinszweck, stand nicht in erheblichem Wettbewerb mit nicht begünstigten Einrichtungen und unterschritt die maßgebliche Einnahmegrenze gemäß § 67a AO. Dabei war ausdrücklich zu beachten, dass der Grundmitgliedsbeitrag gemäß § 8 Abs. 5 KStG bei der Einnahmenberechnung außer Betracht zu bleiben hatte.

Das Gericht betonte zudem, dass es selbst keine Entscheidung über die Förderung treffen dürfe. Eine Verpflichtung der Beklagten zur unmittelbaren Bewilligung komme nicht in Betracht, da ihr bei der Entscheidung ein Ermessensspielraum verbleibt. Dementsprechend sei sie lediglich zur ermessensfehlerfreien Neubescheidung unter Beachtung der genannten Maßgaben verpflichtet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog). Die richterliche Kontrolle beschränkt sich auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben, ohne das Ermessen der Verwaltung durch eine eigene Sachentscheidung zu ersetzen.

Ausblick

Das Urteil verdeutlicht die Anforderungen an eine rechtmäßige Sportförderpraxis durch privatrechtlich organisierte, aber öffentlich finanzierte Träger. Entscheidend ist, dass Förderrichtlinien systematisch und gleichmäßig angewandt werden. Eine behauptete Praxis muss durch konsistente, nach außen erkennbare Handhabung belegt werden – bloße nachträgliche Rechtfertigungsversuche genügen nicht.

Insbesondere bei der Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und steuerbegünstigtem Zweckbetrieb sind die steuerrechtlichen Maßstäbe entscheidend – inklusive der einkünftebezogenen Differenzierung nach § 67a AO und § 8 Abs. 5 KStG.

Für Träger öffentlich-rechtlicher Fördermaßnahmen empfiehlt sich nach diesem Urteil eine sorgfältige Dokumentation und konsistente Anwendung der Förderrichtlinien – einschließlich klarer Kriterien zur Bewertung von Zweckbetrieben. Nur so lässt sich die Gefahr willkürlicher Entscheidungen und Rechtsstreitigkeiten effektiv vermeiden.

Bei ähnlichen Fragestellungen rund um Förderrecht, Gemeinnützigkeit oder Verfassungsbindung privatrechtlicher Träger stehen die Expertinnen und Experten von SCHOMERUS gerne beratend zur Seite.

Bildnachweis:supersizer/Stock-Fotografie-ID:2210432016

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