Mit Beschluss vom 9. Januar 2025 (Az. I ZB 48/24) hat der BGH klargestellt: Eine Schiedsklausel bleibt auch dann wirksam, wenn die Parteien zugleich die Anwendung des deutschen AGB-Rechts (§§ 305–310 BGB) abbedingen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Abwahl vor einem staatlichen Gericht Bestand hätte.
Das deutsche AGB-Recht gilt im unternehmerischen Verkehr als streng und wenig flexibel. Zwar finden §§ 308, 309 BGB auf Unternehmerverträge keine direkte Anwendung, über § 307 BGB wirken ihre Wertungen aber mittelbar. Eine Abwahl des AGB-Rechts wäre daher vor staatlichen Gerichten unwirksam.
In der Praxis wird dennoch häufig versucht, bei gleichzeitiger Wahl deutschen Rechts den AGB-Teil auszuschließen, kombiniert mit einer Schiedsklausel. Besonders bei komplexen, langfristigen Lieferbeziehungen erscheint dieses Vorgehen attraktiv.
Die Parteien hatten in einem VOB/B-Vertrag für ein in den Niederlanden zu errichtendes Car Port Solarkraftwerk eine Schiedsklausel vereinbart. Hierbei sollte das deutsches materielles Recht, allerdings unter Ausschluss des AGB-Rechts, anwendbar sein („Die Parteien vereinbaren ausdrücklich, auf die Berufung der Anwendung der §§ 305 bis 310 BGB zu verzichten“).
Eine Partei stellte später einen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO und beantragte die Feststellung, dass das Schiedsverfahren unzulässig sei. Hierbei argumentierte die Schiedsklägerin, der AGB-Ausschluss ermögliche die Durchsetzung einer möglicherweise unwirksamen Vertragsstrafe.
Ausgangspunkt für die bislang von Rechtsunsicherheit geprägte Frage, ob der Ausschluss des AGB-Rechts in der Schiedsgerichtsbarkeit zulässig ist, ist § 1051 ZPO. Danach können die Parteien die „Rechtsvorschriften“ bestimmen, die „auf den Inhalt des Rechtsstreits anwendbar“ sind. Diese Rechtswahlmöglichkeit erlaubt es den Parteien, auch nur ausgewählte Teile einer staatlichen Rechtsordnung für anwendbar zu erklären.
Der BGH hält die Schiedsvereinbarung unabhängig von der Wirksamkeit der gewählten Rechtsordnung für gültig, da sie von anderen vertraglichen Regelungen abtrennbar ist. Selbst eine unwirksame Rechtswahl berührt daher nicht die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Klausel um AGB handelt. Ist dies der Fall, greift § 306 Abs. 1 BGB, andernfalls § 139 BGB.
Die Prüfung der Rechtswahl obliegt dem Schiedsgericht. Eine Kontrolle durch staatliche Gerichte erfolgt lediglich im Rahmen eines späteren Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahrens nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ZPO. Hierbei jedoch nur im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen den ordre public. Entscheidend ist dabei nicht der Ausschluss des AGB-Rechts als solcher, sondern ob das Ergebnis des Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung verstößt.
Vor dem Hintergrund des benannten Standortnachteils durch das AGB-Recht ist in erster Linie der Gesetzgeber gefordert: Unternehmen sollte es grundsätzlich möglich sein, die Anwendung des AGB-Rechts im unternehmerischen Verkehr zu beschränken oder auszuschließen.
Der aktuelle Koalitionsvertrag greift diesen Reformbedarf auf und sieht eine Anpassung des AGB-Rechts für Verträge zwischen großen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 3 HGB) vor. Dies steht in einem Zusammenhang mit der Einführung der Commercial Courts durch das seit dem 1. April 2025 geltende Justizstandort-Stärkungsgesetz. Denn die Attraktivität dieser Gerichte hängt maßgeblich davon ab, ob vertragliche Abreden wegen AGB-rechtlicher Vorgaben als unwirksam eingestuft werden können.
Wie das Reformvorhaben umgesetzt wird, insbesondere, ob es auch auf weitere Unternehmen erstreckt wird, bleibt abzuwarten, wäre jedoch sehr zu begrüßen. Bis dahin bleibt es den Parteien unbenommen, Schiedsklauseln zu vereinbaren und zugleich das AGB-Recht abzuwählen. Die aktuelle BGH-Entscheidung stärkt ein solches Vorgehen, und zwar nicht nur für Auslandssachverhalte. Auch bei rein inländischen Verträgen steht Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO dem nicht entgegen, da Schiedsgerichte nach herrschender Meinung nicht an diese Vorschrift gebunden sind.
Ob das deutsche Recht unter Ausschluss des AGB-Rechts rechtssicher gewählt werden kann, hat der BGH allerdings nicht abschließend entschieden. Auch insoweit ist der Gesetzgeber weiter gefordert.
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