Steuerfreiheit eines Heisenberg-Stipendiums gemäß § 3 Nr. 44 EStG

25.01.2024
Gemeinnützigkeit
4 Minuten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 24.10.2023 (Az.: VIII R 11/22), veröffentlicht am 11.01.2024, entschieden, dass Leistungen aus einem Heisenberg-Stipendium gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sein können.

Was regelt der § 3 Nr. 44 EStG?

Gemäß § 3 Nr. 44 Satz 1 und 2 EStG sind Stipendien steuerfrei, die u. a. von gemeinnützigen Körperschaften zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden. Die Steuerfreiheit ist nach § 3 Nr. 44 Satz 3 davon abhängig, dass die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und für die Deckung des Ausbildungsbedarf erforderlichen Betrag nicht übersteigen. Außerdem muss das Stipendium nach dem vom Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden. Ferner darf der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet sein.

Sachverhalt

Die Klägerin vertrat im Streitzeitraum eine Professur an einer Universität und erhielt hierfür ein monatliches Bruttogehalt. Daneben gewährte ihr die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein Heisenberg-Stipendium mit monatlichen Zahlungen. Diese setzten sich aus einem Grundbetrag, einem Sachkostenzuschuss sowie einen pauschalen Zuschlag für den Ausgleich einer etwaigen Versteuerung des Stipendiums zusammen. Der Zuschlag war zurückzuzahlen, sofern eine Versteuerung des Stipendiums nicht erfolgte. Das Stipendium sollte laut Bescheid der Klägerin ermöglichen, sich auf eine wissenschaftliche Leitungsposition vorzubereiten.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass das Stipendium nicht wegen § 3 Nr. 44 EStG von der Steuer befreit war, da der Betrag des Stipendiums den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag übersteige. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sächsischen Finanzgericht (FG) war erfolgreich. Zu Recht, wie der BFH nun entschied.

Entscheidung des Gerichts

Der 8. Senat des BFH sah die Voraussetzungen zur Steuerbefreiung aus § 3 Nr. 44 EStG als erfüllt an. Bei der DFG handle es sich um einen gemeinnützigen privaten Stipendiengeber im Sinne des § 3 Nr.44 Satz 2 und die Mittel wurden auch zur Förderung der Forschung und der wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung gewährt, mithin also für begünstigte Zwecke im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 1 EStG.

Die bewilligten Mittel hätten auch nicht den erforderlichen Aufwand für den Lebensunterhalt überschritten. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für den Lebensunterhalt mangels konkreter Regelungen in § 3 Nr. 44 EStG nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu bestimmen. Dabei sei unter Lebensbedarf die Gesamtheit der Mittel zu verstehen, die benötigt werden, um dem Einzelnen ein menschenwürdiges Leben in einem sozialen Umfeld zu sichern. Hierfür sei nach Ansicht des BFH das Folgende zu berücksichtigen:

  • Unentbehrliche Aufwendungen für Wohnung, Verpflegung, Ausbildung, Kleidung, Gesundheit und angemessene Freizeitgestaltung und andere notwendige Ausgaben dieser Art

  • Berücksichtigung des Alters der Stipendiaten, ihre akademische Vorbildung sowie ihre nach der Verkehrsauffassung erforderlichen typischen Lebenshaltungskosten in der konkreten sozialen Situation

Auf dieser Grundlage könne das vor Inanspruchnahme des Stipendiums vereinnahmte und im Bewilligungszeitraum des Stipendiums zeitweilig ausfallende Entgelt ein gewichtiges Indiz dafür begründen, dass das Stipendium, welches betragsmäßig über den Betrag der vorher bezogenen Einnahmen nicht wesentlich hinausgeht, lediglich den "erforderlichen Lebensbedarf" der Stipendiaten im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG abdeckt. Im Streitfall lag der monatliche Grundbetrag des Stipendiums deutlich unterhalb der von der Klägerin vor Inanspruchnahme des Stipendiums erzielten monatlichen Bruttoeinnahmen aus ihrer beruflichen Vortätigkeit. Dieses Indiz wird auch durch die sonstigen Umstände des Streitfalls nicht entkräftet. Denn nach den Feststellungen des FG hatte die verheiratete Klägerin im Streitjahr allein für das Auskommen der Familie und ihrer drei minderjährigen Kinder zu sorgen. Die in ihrer konkreten sozialen Situation typischerweise anfallenden Lebenshaltungskosten sprechen daher ebenfalls dafür, dass der monatliche Grundbetrag den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag nicht überstieg.

Auch der gewährte Zuschlag zur Abfederung einer etwaigen Besteuerung könne nicht für sich dafürsprechen, dass ein steuerpflichtiges Entgelt vorlag, denn insoweit war gegenständlich eine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall vereinbart, dass eine zutreffende Einordnung der Steuerfreiheit vorgenommen würde.

Weiterhin habe die Klägerin auch keine bestimmte wissenschaftliche Gegenleistung erbringen müssen. Unter Gegenleistung sei nicht die Verpflichtung zur Forschungsarbeit oder zur Präsentation von Forschungsergebnissen im Rahmen eines Abschlussberichts zu verstehen. Zudem war die Klägerin nach dem Bewilligungsbescheid lediglich verpflichtet, ihre Konzentration auf ihr Forschungsvorhaben zu richten und über die Ergebnisse ihrer Forschung zu berichten, während sie in der Wahl und Verfolgung ihrer Forschungsthemen frei war. Diese Verpflichtungen der Klägerin sollten allein gewährleisten, dass der mit der Vergabe des Stipendiums verfolgte Zweck, nämlich die Förderung der Wissenschaft und Forschung, erreicht wurde und die Mittel aus dem Stipendium nicht missbräuchlich für andere Zwecke verwendet werden konnten.

Praxistipp

Der BFH bestätigt die bisherige Rechtsprechung und erweiterte diese um einige Gesichtspunkte. Insbesondere der Punkt der “Gegenleistung” im Sinne des § 3 Nr. 44 EStG wurde genauer gefasst. Als schädlich sind allein solche Gegenleistungen anzusehen, die über die Verwirklichung des Förderzwecks hinausgehen und einen eigenen wirtschaftlichen Wert für den Stipendiengeber haben, weil das Stipendium dann bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Entlohnung dieser Tätigkeit darstellt. Sofern auch Sie die Vergabe von Stipendien mit Ihrem gemeinnützigen Träger planen, zögern Sie nicht auf uns zuzukommen.

Bildnachweis:DesignRage/Stock-Fotografie-ID:1924782929

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