Wann haftet die Vereinsleitung für Schäden aus dem Entzug der Gemeinnützigkeit?

25.01.2024
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Das Landesarbeitsgericht Hessen (LAG) hat mit Urteil vom 16.10.23 (Az.: 16 Sa 1733/22) entschieden, dass der angestellte Geschäftsleiter eines Vereins – sofern er seine Pflichten schuldhaft verletzt hat – für den Schaden aus dem Verlust der Gemeinnützigkeit seines Arbeitgebers haftet.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, dem auf Grund von Mittelfehlverwendungen die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war; dies führte zu einem (Steuer-)Schaden des Klägers i. H. v. 582.978 €. Der Beklagte war der Geschäftsführer des Vereins. Die von der Finanzverwaltung beschiedene Mittelfehlverwendung beruhte auf der Zuwendung von nicht näher bezeichneten Honoraren an die Ehefrau des Beklagten, die gleichzeitig Geschäftsleiterin eines gemeinnützigen Trägers war. Diesem gemeinnützigen Träger hatte der Kläger auf Veranlassung des Beklagten über mehrere Jahre hinweg Mittel in Höhe von insgesamt € 935.000 zugewendet. Solche Mittel wurden auch in Jahren, in denen der Kläger Verluste erlitt, zugewendet. Der Verein kündigte infolgedessen den Arbeitsvertrag mit dem Beklagten und machte Schadensersatz gegenüber diesem für den finanziellen Verlust aus der Aberkennung der Gemeinnützigkeit und der nicht genehmigten Zuwendung von Spenden an den anderen gemeinnützigen Träger geltend. Die erstinstanzliche Klage vor dem Arbeitsgericht blieb erfolglos. Zu Unrecht, wie das LAG Hessen nun entschied.

Entscheidung des Gerichts

Die Berufung des Klägers sei nach Ansicht des erkennenden Senats zulässig und begründet. Der Geschäftsleiter habe gegen die Pflichten seines Arbeitsvertrags verstoßen und die entstandenen Schäden schuldhaft verursacht. Hinsichtlich der Zuwendung von Spenden an den gemeinnützigen Träger, in dem die Ehefrau des Beklagten beschäftigt war, müsse erkannt werden, dass ein gewissenhafter Geschäftsleiter stets die wirtschaftliche Lage und die Liquiditätssituation seines Arbeitgebers im Blick haben müsse. Auch wenn Zuwendungen an andere gemeinnützige Träger aus steuerrechtlicher Sicht unbedenklich seien, so müsse bei der Zuwendung stets die Liquidität des Vereins, für den der Geschäftsführer die Geschäfte führte, betrachtet werden.

Vorliegend habe der Beklagte ohne Zustimmung des Vorstands und insbesondere auch in Verlustjahren die Zuwendung von teilweise sechsstelligen Beträgen veranlasst und hierdurch die Erfüllung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke des Klägers erschwert bzw. verhindert. Auch wenn er hierzu im Außenverhältnis ermächtigt gewesen sei, so habe er im Innenverhältnis gegenüber dem Kläger seine aus dem Arbeitsvertrag erwachsenden Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen verletzt.

Darüber hinaus habe der Beklagte auch in schuldhafter Weise Honorarzahlungen an seine Ehefrau, die zugleich Geschäftsleiterin des zuvor begünstigten Vereins war, genehmigt, ohne, dass hierfür eine erkennbare Gegenleistung erbracht worden wäre. Aufgrund dieser Zahlungen nahm das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Mittelfehlverwendung an und erkannte dem Kläger die Gemeinnützigkeit ab. Die hierdurch entstandene Steuernachzahlung sei kausal durch das Verhalten des Beklagten verursacht gewesen; daher hafte der Beklagte nicht nur für die von ihm genehmigten Honorarzahlungen, sondern auch für den Schaden aus dem Verlust der Gemeinnützigkeit.

Das Gericht bejahte neben der Haftung aus dem Arbeitsverhältnis auch eine Haftung wegen Verletzung des Tatbestands der Untreue gemäß § 823 Abs 2 i. V. m § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB. Die Revision ist nicht zugelassen.

Praxishinweis

Das vorliegende Urteil ist begrüßenswert, so handelten der Geschäftsleiter und seine Ehefrau mit einiger krimineller Energie. Leidtragende sind der Kläger, aber auch seine förderungsbedürftigen Empfänger, da hier Mittel im sechsstelligen Bereich veruntreut worden sind. Anders als im gegenständlichen Fall, werden Geschäftsleiter eines Vereins – auch Geschäftsführer genannt – regelmäßig auch als besonderer Vertreter im Sinne des § 30 BGB bestellt. Für diese sind gleichwohl die vorliegend entwickelten Grundsätze anwendbar. Allerdings wäre sodann vor den ordentlichen Gerichten und nicht vor den Arbeitsgerichten zu klagen, da der besondere Vertreter nach § 30 BGB Organ des Vereins ist.

Bildnachweis:Miha Creative/shutterstock/Stock-Foto ID: 1694602114

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